Artenkenntnis to go: Die Wilde Möhre

Die Wilde Möhre (Daucus carota subsp. carota) ist vielen von euch in den letzten Wochen sicher schon begegnet. Sie blüht aktuell an Wegrändern, auf Brachen und nicht zu nährstoffreichen Wiesen. Und wie der Name schon sagt: Sie ist wahrscheinlich einer der wilden Vorfahren unserer Gartenmöhre (Daucus carota susp. sativa). Wie die Gartenmöhre kann auch die Wurzel der Wilden Möhre gegessen werden, ebenso ihre Blüten, Samen und Blätter.

 

Die Wilde Möhre gehört zu den Doldenbütlern (Apiaceae) und da zur Unterfamilie der Apoideae. Sie blüht von Mai bis September. Wer sie selber sammeln möchte, sollte sich absolut sicher sein, dass er die richtige Pflanze am Wickel hat. Bei den Doldenblütlern gibt es einige sehr stark giftige Vertreter und eine Verwechslung könnte höchst ungesunde Folgen haben. Von daher besser im Garten aussäen (sie ist in vielen Wildblumenmischungen enthalten) oder vorher einen Fachmann/eine Fachfrau fragen.

 

Aber erstmal zur Optik und den Unterscheidungsmerkmalen. Die Wilde Möhre hat einen schirmartigen Blütenstand, eine sogenannte Dolde, genauer gesagt sogar eine Doppeldolde. So nennt man es, wenn an den einzelnen Doldenstrahlen keine Blüten sitzen, sondern weitere kleine Döldchen. Wie bei vielen anderen Doldenblütlern auch, besteht der Blütenstand aus zahlreichen kleinen weißen Blüten, mit einer Ausnahme: Der etwas größeren, tief purpurnen und damit ziemlich auffälligen "Mohrenblüte" in der Mitte des Blütenstandes (siehe Foto oben, und ja, der Name "Möhre" rührt von der Mohrenblüte her). Sie ist nicht auf jeder Pflanze zu finden, aber auf vielen und damit ein ziemlich gutes Alleinstellungsmerkmal.

 

Wenn du also einer Möhre in Freiheit begegnest und den Eindruck hast, dass da ein kleines schwarzes Tierchen auf dem Blütenstand sitzt, dann könnte das auch die Mohrenblüte sein. Manchmal sind es auch mehrere Mohrenblüten und manchmal sind sie auch eher rötlich statt schwärzlich gefärbt. Und ebenso wie wir diese Blüte zunächst als kleines Krabbeltier verorten, tun dies anscheinend auch andere, sprich: andere Insekten, die davon angelockt werden und nun ihrerseits auf den weißen Blüten herum krabbeln (denn wenn da schon einer sitzt, dann muss es da ja was Tolles geben... :-) und sie somit auch fleißig bestäuben. So eine andersfarbige, ein Insekt vortäuschende Blüte wird übrigens auch als "Scheininsekt" bezeichnet. Allerdings sollte man auch selber genau hinschauen, wenn man die Mohrenblüte als Bestimmungsmerkmal nutzen möchte, denn auf anderen weißblühenden Doldenblütlern sitzen natürlich auch hier und da Insekten rum. Also kurz abklären, ob der schwarze Fleck da in der Mitte sitzen bleibt oder gelegentlich die Stellung wechselt. Nicht dass wir auch noch auf das Scheininsekt reinfallen ;-)

 

Und es gibt noch einen wichtigen Unterschied zwischen der Möhre und anderen Doldenblütlern: Die Wilde Möhre klappt abends ihren Blütenstand nestartig bzw. wie einen umgedrehten Regenschirm zusammen. Diese "Schlafbewegung" nennt man Nyktinastie. Morgens wird dann alles wieder ausgeklappt. Auch die abgeblühten Blütenstände bleiben zusammengeklappt stehen.

Ebenfalls gut zu erkennen sind die langen, schmalen, spitz zulaufenden grünen Hüllblätter, die die Dolde umgeben und auch die einzelnen Döldchen. Hüllblätter finden sich allerdings auch bei anderen Doldenblütlern, etwa beim Merk (Berula erecta). Die kleinen, zarten, gefiederten Laubblättchen der Möhre sind ebenfalls spitz zulaufend und auf der Unterseite heller, der Stängel ist behaart. Die Wurzel ist nicht gelb und kurz wie die der Gartenmöhre, sondern eher blass und sehr tiefreichend (Tiefwurzler!).

 

Und natürlich hat die Wilde Möhre auch heilende Eigenschaften. Ihr werden östrogenartige Wirkungen zugeschrieben, weswegen sie früher mal bei Frauenleiden eingesetzt wurde. Ebenso wurde sie bei Blasenentzündungen verwendet. Die Wilde Möhre gehört astrologisch zum Planeten Merkur. Genutzt wurden die blühende Pflanze samt Wurzel oder die ausgereiften Samen. Man verwendete die Samen als Vitaminspender (als Tee), die Wurzel kann gekocht werden. Sie ist allerdings etwas härter und bitterer als die Gartenmöhre. Also vielleicht doch besser die Gartenvariante wählen :-)

 

Wenns ums Essen geht, ist die Möhre bei den Insekten ebenfalls sehr beliebt. Vor allem die Raupen des Schwalbenschwanzes mögen sie. Die Blüten werden von verschiedenen Wildbienenarten besucht, ebenso von Schmetterlingen, Schwebfliegen und allerlei kleinem schwarzem Getier. Wenn du sie im Garten haben möchtest, säst du sie am besten aus. Aber Achtung: Als zweijährige Pflanze bildet sie im ersten Jahr nur ein paar Blätter und blüht erst im zweiten Jahr, bevor sie abstirbt. Sie mag Sonne und nicht zu nährstoffreiche, eher sandige, trockene bis leicht feuchte Böden. Vielleicht hast du ja ein Plätzchen für sie?

Wie ein kleines Vogelnest: Halb geschlossener Blütenstand mit Feuerwanze am linken Bildrand. Die kleineren Blütenstände, die auf dem Foto zu sehen sind, gehören übrigens zur Schafgarbe.

Wichtig! Bitte beachten!

 

Ich bin weder Ärztin noch Heilpraktikerin noch Apothekerin. Die in einigen Artikeln beschriebenen Wirkungen von Pflanzen haben lediglich informativen Charakter und beruhen auf dem Wissen aus meiner akademischen Ausbildung als Botanikerin sowie auf eigenen Erfahrungen. Alle Angaben wurden nach bestem Wissen und Gewissen gemacht. Ich übernehme keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben. Es wird ebenso keine Haftung für eventuelle Schäden durch die unsachgemäße Verwendung von Pflanzen und deren Zubereitungen übernommen.

 

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